Klanggewalt und Andacht – Bach im Herzen, Geist in der Musik
Am Pfingstsamstag verwandelte sich die Christuskirche Sulzbach-Rosenberg in einen klingenden Sakralraum, erfüllt von der Geistkraft barocker Meister – allen voran Johann Sebastian Bach. In einer tief empfundenen Hommage an den Thomaskantor ließen Christian Reitenspieß und Stephanie Hruschka-Kumpf ein Programm erklingen, das sowohl durch Virtuosität als auch durch spirituelle Tiefe überzeugte. Christian Reitenspieß eröffnete das Konzert mit dem majestätischen Präludium und Fuge in Es-Dur (BWV 552) – jenem krönenden Abschluss der „Clavier-Übung III”, das in seiner Dreiklangstruktur als Sinnbild der Trinität verstanden werden kann. Reitenspieß interpretierte das Werk mit klarem architektonischem Gespür: kraftvoll, doch nie pompös, vielmehr getragen von einer inneren Ruhe, die die Größe dieser Musik gerade im Maßvollen offenbarte. Im Anschluss ließ er mit der Passacaglia in c-Moll (BWV 582) ein weiteres Monument Bachs erklingen. Hier wurde die Orgel zum predigenden Instrument – mit einem Thema, das sich in unzähligen Variationen wandelte und steigerte, bis hin zum fugierten Finale. Reitenspieß verstand es, die Spannung über die lange Strecke hinweg zu halten, ohne je in bloße Virtuosität zu verfallen. Höhepunkt des Abends war ohne Zweifel die Interpretation der berühmten Toccata und Fuge in d-Moll (BWV 565) durch Stephanie Hruschka-Kumpf. Sie ließ das Werk nicht einfach nur „erklingen“ – sie ließ es sprechen. Zwischen donnernden Akkorden und schwindelerregenden Läufen blitzte immer wieder ein feines Gespür für Dramatik und Formbewusstsein auf. Doch zeigte Hruschka-Kumpf an diesem Abend nicht nur ihre Kunst als Organistin, sondern auch als Sängerin: Gemeinsam mit Reitenspieß an der Orgel brachte sie einen Hymnus von Hildegard von Bingen zum Klingen – ein Moment stiller Ekstase, getragen von einer reinen, klaren Stimme, die sich wie Licht über die Zuhörer legte. Darauf folgte ein zartes, berührendes „Air“ aus der dritten Orchestersuite von Bach, schlicht und eindringlich zugleich. Die Orgel der Christuskirche entfaltete an diesem Abend ihre ganze klangliche Wucht – mal festlich strahlend, mal dunkel grundiert. Reitenspieß und Hruschka-Kumpf verstanden es, dieses Instrument nicht nur zu spielen, sondern mit Geist und Gefühl zu erfüllen. Ein Konzert, das nicht bloß ein Abendprogramm war, sondern eine Einladung zur inneren Einkehr – und ein leuchtendes musikalisches Zeichen zum Pfingstfest.