Vortrag Goethe und die Astronomie
Wenn ein Weltraumwissenschaftler in einem Vortrag über Goethe und dessen astronomische Arbeiten spricht, können die Zuhörer höchste Fachkompetenz erleben. So war es auch beim Vortrag „Goethe und die Astronomie“ des emeritierten Professors Dr. Dietrich Lemke aus Heidelberg. Der Freundeskreis Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing hatte zu dieser Veranstaltung eingeladen. Und die Zuhörer erlebten weniger den Dichterfürsten Goethe, sondern hautsächlich den Naturwissenschaftler Goethe. Als Universalgenie beschäftigte sich Goethe mit zahlreichen Wissenschaftsbereichen, darunter Geologie, Mineralogie, Anatomie, Botanik, Wetterkunde und Farbenlehre. Über Jahrzehnte bildete daneben die Astronomie einen Schwerpunkt in seinen wissenschaftlichen Arbeiten. „Goethe war ein Augenmensch“ beschrieb Professor Lemke den Dichter und Naturforscher und deutete damit aber auch an, dass mathematische Formeln zur Erklärung von Erscheinungen im Weltraum bei Goethe wenig Freude auslösten. Anhand einzelner Beispiele wurde im Vortrag dann belegt, dass Goethe sich fast zeitlebens gerne mit Himmelskunde befasste. Als „Liebhaberastronom“ besaß der Dichter zwei eigene Teleskope. Eines davon ist bis heute in der Historischen Sammlung in Jena zu besichtigen. „1799 beobachtete Goethe in Weimar einen Monat lang den Wechsel des Mondes“ berichtete Lemke. Seine Begeisterung darüber ist in seinem Tagebuch nachzulesen. Und er lud unter anderem auch den Dichterkollegen Friedrich Schiller auch dazu ein. „Regelmäßige Beobachtungsabende haben in Weimar stattgefunden“ hieß es im Vortrag. Dabei ging es auch darum, Erkenntnisse zu gewinnen über die Entstehung von Erde und Mond. Damals war es unter Wissenschaftlern umstritten, ob die Erdoberfläche durch Vulkanbewegungen oder durch Sedimentablagerungen entstanden sei. Goethe habe versucht, sich als Vermittler zwischen den beiden Meinungen zu betätigen, erläuterte Lemke. Und ab 1807 hätte Goethe auch regelmäßig „geognostische Vorträge“ gehalten. Dazu wären vorrangig Frauen eingeladen gewesen. Sonnen-und Mondfinsternisse, Kometen und Meteoriten und Polarlichter „lösten bei Goethe lebenslang großes Interesse aus“ stellte Lemke fest und verwies auf zahlreiche Tagebucheintragungen. Einen Höhepunkt in seiner astronomischen Arbeit erlebte Goethe im Jahre 1813 in der Beauftragung durch Herzog Carl August, in Jena eine „Herzogliche Sternwarte“ zu errichten. Vorbild sollte die Sternwarte in Gotha sein. Sie unterstand auch nach ihrer Errichtung dem Verantwortungsbereich Goethes, hatte allerdings nur zwei Mitarbeiter, sodass dort „wenig Entdeckungen möglich waren“ sagte Lemke. Vorgestellt wurde im Vortrag auch Goethes Farbenlehre, die den Schwerpunkt in der Wahrnehmung der Farben hatte. (Lemke: „Astronomen haben sich damals nicht für Farben interessiert“). Und der Referent erläuterte auch, dass Goethes astronomische Leidenschaft sich auch in seinen literarischen Werken widerspiegelt. Vielfach würden Mond und Sonne und neu entdeckte Planeten dort eine wichtige Rolle spielen, wie der „Faust“ beweise. Bis heute seien auch noch sechzig Zeichnungen von Goethe über den Mond erhalten geblieben. Und der Kleinplanet 3047, der die Sonne umkreist, erinnert auch an Goethe, denn er trägt dessen Namen.